Fahrzeugklassen verstehen: Orientierung im Ausstattungs-Dschungel

Fahrzeugklassen verstehen: Orientierung im Ausstattungs-Dschungel

veröffentlicht am 30. April 2025

In vielen Betrieben ist der Fuhrpark eine Mischung aus Flurförderzeugen, Schleppern, Kehrmaschinen und weiteren Sonderfahrzeugen. Häufig läuft alles problemlos – bis ein Fahrzeug auf die öffentliche Straße soll oder nachgerüstet werden muss. Dann tauchen plötzlich Fragen auf:

  • Muss die Rundumleuchte ein E-Prüfzeichen haben?
  • Ist ein Blinker vorgeschrieben?
  • Darf ein einfacher LED-Arbeitsscheinwerfer verwendet werden?

Ob ein Fahrzeug überhaupt ausstattungspflichtig ist, lässt sich erst dann beantworten, wenn man weiß, zu welcher Fahrzeugklasse es gehört. Und genau da wird es kompliziert – denn Fahrzeugklasse ist nicht gleich Fahrzeugklasse.

Klassifizierungen im Überblick

In der Praxis existieren drei unterschiedliche Systeme zur Einordnung von Fahrzeugen. Sie erfüllen verschiedene Zwecke – und sind nicht immer miteinander kompatibel.

1. EG-Fahrzeugklassen (Straßenverkehr)
Diese Einteilung erfolgt nach europäischem Zulassungsrecht (EU-Typgenehmigung) und ist ausschlaggebend, wenn ein Fahrzeug im öffentlichen Raum bewegt wird. Bekannte Klassen sind z. B.:

  • M1: Pkw zur Personenbeförderung
  • N1: Transporter zur Güterbeförderung bis 3,5 t
  • T: Land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen
  • L: Leichtfahrzeuge, Dreiräder, Quads

Werden Fahrzeuge in diese Klassen eingeordnet, greifen gesetzlich definierte Anforderungen an Beleuchtung, Kennzeichnung und Zulassung.

2. DGUV-Systematik (betrieblicher Arbeitsschutz)
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung regelt beispielsweise über die Vorschrift 68, was unter einem Flurförderzeug zu verstehen ist. Diese Fahrzeuge – etwa Gabelstapler oder Hubwagen – sind nicht zulassungspflichtig, unterliegen aber speziellen Anforderungen an den sicheren Betrieb im Werksverkehr.
Die DGUV-Klassifikation hat keine Rechtswirkung im Straßenverkehr, ist aber für innerbetriebliche Sicherheit maßgeblich.

3. Technische Einteilungen (z. B. ISO 5053-1)
Normen wie ISO 5053-1 klassifizieren Flurförderzeuge nach Bauform und Funktion (z. B. Frontstapler, Schmalganggerät, Plattformwagen). Diese Einordnung dient hauptsächlich der Produktbeschreibung und hat keinen Einfluss auf rechtliche Pflichten.

Was die Fahrzeugklasse in der Praxis bedeutet
– Beispiel Logistikbetrieb

Ein typischer mittelständischer Logistiker mit mehreren eigenen Fahrzeugen betreibt Lager, Umschlag und Auslieferung auf einem gemeinsamen Gelände. Sein Fuhrpark ist funktional – aber nicht einheitlich. Hier ein Überblick, welche Fahrzeuge zum Einsatz kommen und wie sie rechtlich einzuordnen sind:

Fahrzeugtyp Typische Nutzung im Betrieb Klassifizierung (vereinfacht) Bedeutung für Beleuchtung & Ausstattung
Sattelschlepper Überregionale Transporte EG-Klasse N3 (Zugmaschine) Volle StVZO-Ausrüstung nach ECE notwendig
7,5-Tonner (mit Plane oder Koffer) Nahverkehr und Regionalzustellung EG-Klasse N2 Volle Beleuchtungspflicht nach ECE, Rückstrahler, Blinker usw.
Gegengewichtsstapler Be- und Entladen am Lager Flurförderzeug nach DGUV Vorschrift 68 Keine StVZO-Pflicht, freie Wahl der Leuchten (z. B. ohne E-Zeichen)
Mitnahmestapler Fährt auf Lkw mit, wird zum Entladen verwendet Maschine mit Transportfunktion, Sonderrolle Keine eigene Zulassung, aber sichere Befestigung & Bedienung erforderlich*
Palettenhubwagen, nicht motorisiert Warenbewegung in der Halle Flurförderzeug, keine eigene Klassenzuordnung Keine Ausstattungspflichten, keine Beleuchtung notwendig
Palettenhubwagen, elektrisch Innen- und Kurzstreckeneinsatz mit Antrieb Flurförderzeug mit Hilfsantrieb Gleich wie oben, ggf. interne Vorschriften zur Kennzeichnung
Hochhubenwagen, elektrisch Stapelfunktion, stationärer Einsatz Technisch wie Hochhubwagen – Flurförderzeug Keine StVZO-Ausrüstung notwendig
Aufsitzkehrmaschine Reinigung des Betriebshofs Selbstfahrende Arbeitsmaschine (Klasse AM o. ä.) StVZO nur relevant bei öffentlichem Einsatz, sonst freiwillige Ausstattung
Servicemobil (z. B. VW Sprinter) Technik-Fahrzeug für mobile Wartung EG-Klasse N1 Pflicht zur ECE-konformen Beleuchtung
Außendienstfahrzeuge (Pkw) Kundenbesuche, mobile Beratung EG-Klasse M1 StVZO-konforme Vollausstattung erforderlich
Kommissionierwagen, elektrisch Innerbetriebliche Kommissionierung Flurförderzeug, ggf. Sonderbauart Meist keine Zulassungspflicht, Ausstattung nach internem Bedarf

 

* Achtung: Bei Fahrten im öffentlichen Raum gelten zusätzliche Vorschriften. Siehe unsere Beitrag zur Straßenzulassung.</a>

Welche Art Fahrzeug versteckt sich hier?

Wer die Klassifizierung kennt, trifft die richtige Entscheidung

Beleuchtung, Sicherheitseinrichtungen oder Zulassungspflichten hängen nicht davon ab, wie ein Fahrzeug aussieht, sondern davon, wie es rechtlich eingestuft wird. Genau deshalb ist das Verständnis der Fahrzeugklassen so wichtig: Es schafft Klarheit in Situationen, in denen Unsicherheit herrscht – etwa bei der Nachrüstung, beim Einsatz im öffentlichen Raum oder bei der Auswahl passender Produkte.

Drei Dinge sind entscheidend:

  1. Wird das Fahrzeug öffentlich oder nur intern eingesetzt?
  2. Gehört es zu einer EG-Fahrzeugklasse, oder gilt es als Arbeitsmaschine bzw. Flurförderzeug?
  3. Welche Vorschriften gelten daraus abgeleitet für die Ausstattung?

Wer diese Fragen beantworten kann – oder weiß, wie er sie klärt –, vermeidet Fehlentscheidungen, spart Kosten und erfüllt gesetzliche Anforderungen zuverlässig.

Mit diesem Überblick haben Sie das nötige Grundverständnis an der Hand, um Fahrzeugtypen korrekt einzuordnen und über die notwendige Ausrüstung fundiert zu entscheiden. Sollten Fragen bestehen, kontaktieren Sie uns. Wir helfen gerne!

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